Eine Seenotrettungsübung gehört inzwischen direkt zu Beginn einer Kreuzfahrt zur Routine und ist außerdem eine Pflichtveranstaltung, die auch als solche im internationalen Seerecht festgehalten wurde. Wer sich mit dem Gedanken trägt, sie einfach auszulassen, gefährdet nicht nur sich selbst, sondern auch Mitreisende und bei den großen Reedereien findet ohnehin eine Prüfung der Kabinen statt und zusätzlich oft eine Kontrolle der Bordkarten am Treffpunkt der Übung. Seit der Havarie eines großen Kreuzfahrtschiffes vor einer toskanischen Insel haben die Reedereien die Seenotrettungsübung als Pflichtveranstaltung eingeführt, die meist sogar noch vor dem Ablegen absolviert werden muss. Die eincheckenden Passagiere haben genug Zeit um ihr Gepäck in den Kabinen zu verstauen und für einen ersten Rundgang durchs Schiff. Wenn alle an Bord sind, geht es zum jeweils angesagten Deck. Sind alle aktiv dabei, dauert die Übung weniger als eine halbe Stunde und das erste Aufeinandertreffen mit den Mitreisenden bringt auch einen positiven Nebeneffekt.
Die Sirenen rufen zur Übung
Sieben kurze Töne gefolgt von einem langen, durchdringenden Signal läuten den Beginn der Übung ein. Bereits beim Einchecken haben die Passagiere erfahren, auf welchem Deck sie sich dann so schnell wie möglich einfinden sollen. Ob die Rettungswesten dabei mitgenommen werden müssen oder nicht, ist bei den einzelnen Reedereien unterschiedlich und wird ebenfalls vorab bekanntgegeben. Zum Teil werden die Westen zu Beginn der Übung ausgeteilt, bei anderen Kreuzfahrtgesellschaften findet man sie im Kleiderschrank der eigenen Kabine.
Häufig läuft während der Eincheck-Phase auf den Bildschirmen in den Kabinen bereits ein informatives Video über den Ablauf einer Seenotrettungsübung und damit weiß jeder vorab, was auf ihn zukommen wird.
Der Ablauf einer Seenotrettungsübung

SNRÜ – Eine Pflichtveranstaltung
Die Dauer einer solchen Übung beträgt etwa 20 bis 40 Minuten. Passagiere, die eine Teilnahme verweigern oder sich verspäten, sorgen für Verzögerungen. Nach dem Ertönen der Signalanlage, die wirklich überall auf dem Schiff zu hören ist, sollten sich alle Passagiere auf dem ihnen zugeteilen Deck einfinden.
Welches Deck das richtige ist, steht auf den Innenseiten der Kabinen, im Bordpass und meist auch auf der Rettungsweste.
Soll die Rettungsweste zur Übung angezogen werden, verlässt man am besten gleich die Kabine mit angezogener Weste. Sie auf dem Weg zum Sammelpunkt anzuziehen ist nicht ratsam. Die Haltegurte werden schnell zu unliebsamen Fallstricken. Wer sich zügig an Deck begibt, hat am Sammelplatz ebenfalls noch genug Zeit zum Anlegen. Bei einer völligen Orientierungslosigkeit helfen die Crewmitglieder. Sie stehen überall auf dem Schiff an Knotenpunkten und helfen den Passagieren dabei, das richtige Deck zu finden.
Der Treffpunkt ist die Musterstation
Um eine größere Panik im Ernstfall zu vermeiden, gibt es auf jedem Schiff mehrere Sammelstationen zur Evakuierung. Sie werden im Fachjargon auch Musterstationen genannt. Eine Seenotrettungsübung soll den Passagieren vermitteln, wie sie sich im Ernstfall verhalten sollen. Das bedeutet auch, dass die Fahrstühle bei der Übung nicht benutzt werden dürfen und man über die Treppen zur jeweiligen Musterstation gelangen muss.
Je nach Reederei erfolgt dann an der Sammelstelle die Kontrolle der Anwesenheit auf verschiedene Weise. Entweder gehen Crewmitglieder alle Kabinen durch und fragen nach den einzelnen Passagieren oder die Bordkarte wird einfach am Sammelpunkt eingescannt, um festzustellen, ob alle Passagiere eingetroffen sind. In der Zwischenzeit werden die Kabinen kontrolliert, um sicherzustellen, dass alle Gäste an den Treffpunkten sind. Diese Übung dient auch gleichzeitig der Crew, die im Ernstfall sicher sein muss, dass kein Passagier vergessen wurde. Fehlen Passagiere, werden ihre Kabinennummern ausgerufen und damit wissen auch die Nachbarn, wer die Verantwortung für eine eventuelle Verzögerung trägt.
Sind alle Passagiere vor Ort, erfolgt eine zweisprachige Ansage, bei der mit einer Vorführung auch das Anlegen der Rettungswesten erklärt wird. Dazu kommen Hinweise zum eigenen Verhalten bei einem Notfall, damit niemand unnötigen Gefahren ausgesetzt wird. Erst wenn einer der Offiziere die Seenotrettungsübung für beendet erklärt hat, dürfen die Passagiere sich wieder entfernen und der Urlaub kann beginnen.
Was passiert, wenn man die Seenotrettungsübung verpasst oder verweigert?
Sollte man zum Zeitpunkt der Seenotrettungsübung nicht auffindbar sein, wird man danach einen Brief in der Kabine vorfinden. Dieser verpflichtet zu einer Teilnahme an einer privaten Seenotrettungsübung mit einem der Offiziere. Es gibt auch Berichte von Fällen, in denen Passagiere die Reise nicht antreten durften, wenn sie bewusst die Teilnahme an der Übung verweigerten.
Muss die Seenotrettungsübung mehrmals gemacht werden bei Transreisen?
Wer eine Transkreuzfahrt gebucht hat, bleibt an Bord, wenn für andere Passagiere die Reise zu Ende geht und neue Passagiere einchecken. Da jedes Mal, wenn neue Gäste an Bord kommen, eine Übung stattfindet und die Teilnahme Pflicht ist, kann es vorkommen, dass man innerhalb von mehreren Wochen auch mehrere Seenotrettungsübungen mitmachen muss.
Müssen Personen mit einer Behinderung an der Seenotrettungsübung teilnehmen?
Ja, auch Personen mit einer Behinderung nehmen an der Seenotrettungsübung teil. Wer schon beim Check-in mitteilt, dass er Unterstützung benötigt, wird diese vom Personal auch erhalten. Grundsätzlich gilt aber, dass alle Reisenden im Ernstfall entweder selbst oder mit Hilfe ihrer Begleitperson zu den Rettungsstationen gelangen müssen.
Fazit:
Die Seenotrettungsübung ist ein notwendiges Übel, das im Ernstfall wirklich Leben retten kann. Es lohnt sich auch die Rettungsweste wirklich anzulegen, denn das gibt ein ganz persönliches Sicherheitsgefühl und wirkt in der ersten Aufregung garantiert beruhigend. Zudem gibt aber auch einen netten Nebeneffekt bei Seenotrettungsübungen, denn man lernt Mitreisende schon vor dem Ablegen kennen und hat auch gleich ein Gesprächsthema, über das man sich unterhalten kann.